Steinbruchgelände Im Wingert

Anlässlich der "Route der Industriekultur Rhein-Main", 24-27 August 2006 gab es eine Führung durch dieses Gelände von Frau Dr. Keiner, Nachfahrin von Georg Krebs III. Hier gab es einige Hintergrundinformationen über die noch heute sichtbaren Anlagen und Gebäude des

Industriedenkmal Steinbrüche im ehemaligen „Wingert“ in Mühlheim-Dietesheim am Main

 


12 Der alte Lokschuppen im Wingert

Das Maschinenhaus

 

 

Das Maschinenhaus oder der Lokschuppen, wie man meist sagte, diente der Unterkunft und Wartung der Feldbahnlok. Die Feldbahnlok war das ausschließliche Verkehrs- und Transportmittel innerhalb des Steinbruchgeländes, in dem sie die Loren beförderte.

 

An der Nord- und Südseite befinden bzw. befanden sich zweiflügelige Brettertüren, die die Ein-, Aus- und Durchfahrt ermöglichten. Lange war auch noch der Gleisstrang zu sehen, der durch das Gebäude verlief, auf dem die Loks ein- und ausgefahren wurden.“

 

 (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

Noch heute steht der alte Lokschuppen Im Wingert. Er diente auch schon als Pferdestall.

Aufnahme Sammlung M. Koch
Aufnahme Sammlung M. Koch

Und so sah es hier vor etwa 100 Jahren aus! Die Aufnahme zeigt das erste Motorfahrzeug der Bahn, einen Deutz Benzoltriebwagen.

(Siehe Eingesetzte Fahrzeuge)

 

 

 

 

Links: Ein Stück hinter dem Lokschuppen befand sich noch lange Zeit diese inzwischen weit über 100 jährige Weiche der ehemaligen Heeresfeldbahn aus dem ersten Weltkrieg.

Inzwischen befindet sie sich im Frankfurter Feldbahnmuseum am Rebstock und ist in der Nähe der Bekohlungsanlage eingebaut.

 

Ich habe diese Weiche als Jugendlicher noch vor Ort so gesehen - das Foto stammt jedoch von Matthias Koch.



13 Die Sturzbühne

Die Verladerampe

 

Die Auffahrt der insgesamt 43 m langen und 5 m breiten Verladerampe verläuft über aufgeschütteten mit Steinen versetzten Erdreich. Die Böschingen sind mit Mauersteinen befestigt. In einer Höhe von 3,10 m führt die Auffahrt auf eine Brücke. Durch die äußeren Brückendurchfahrten leitete man die betriebsinterne Gleisanlage und den Fußverkehr. Die inneren Brückendurchfahrten dienten den Transportfuhrwerken zur Anfahrt, zum Beladen und zur Abfahrt. Über der ersten Brückendurchfahrt ist eine 2,30 m breite und 2 m lange im Neigungswinkel verstellbare Stahlblechschütte angebracht, auf die der Inhalt der Loren gekippt und von der aus die Transportmittel beladen wurden.“ (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

 

Blick auf die Verladerampe - leider nur im Winter so gut sichtbar

 

Oben die Schütte über die die Loren in ein darunter stehende Straßenfahrzeug entleert werden konnten.

Am 7.11.2014 durften wir mit der Erlaubnis des Pächters auf das Gelände und konnten ein paar Aufnahmen machen.

Rechts das Handrad, mit dem die Schütte abgelassen werden kann. Hier auf dem Damm liegen sogar noch die Gleise!



14 Holzfachwerkbrücke

Hinter der Verladerampe befand sich noch die wohl einzigartige und einzig noch erhaltene Eisenbahn-Holzfachwerkbrücke in Deutschland - wie man sie vielleicht noch aus alten Wildwest Filmen kennt. Es ist stark zu vermuten, dass sie wegen ihres instabilen Zustands inzwischen eingestürzt ist.



15 Die Schmiede

„Die Schmiede

 

 

 

Die Außenwände dieses ursprünglich eingeschossigen Gebäudes bestehen wie bei den meisten Gebäuden aus etwa einem halben Meter dickem Bruchstein-Mauerwerk. Der Boden des Innenraums war ursprünglich gepflastert. In der Mitte des Raumes stand ein schwerer Amboss, dahinter war ein großer Herd mit Esse. Hier wurden die Werkzeuge geschmiedet und geschärft und auch sonstiges Steinbruchsgerät herrgestellt, gerichtet und repariert.

 

Als der Schmiedemeister, der hier Jahrzehnte lang gewirkt hatte, bei einem Fliegerangriff total ausgebombt wurde und keine Bleibe mehr hatte, bat er seinen Chef darum, sich und seiner Familie hier eine notdürftige Unterkunft einrichten zu dürfen, den das Gebäude stand leer, da der Steinbruch stillgelegt war. Angesichts der großen Wohnungsnot war dies der Anlass, das mein Vater damals das Gebäude aufstocken und als Wohnhaus ausbauen ließ.“  (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

 

 



16 Trockenkeller

Anders als auf dem renaturierten Pachtgelände Im Langen Loh, sind im Wingert die entsprechenden Gebäude Schmiede und Trockenofen noch erhalten!

 

Der Trockenkeller

 

 

In dem Keller trocknete man die so genannten Grauen. Das waren Pflastersteine, die aufgrund ihrer etwas grobkörnigen Struktur die Bruchfeuchtigkeit speicherten und daher frostgefährdet waren. Sie wurden insbesondere aus dem unteren Teil der Basaltfelsen  gewonnen, der ständig von Grundwasser durchfeuchtet ist. Zum Winter hin wurde dieses Material vom Bruch aus mit Loren in die Keller eingefahren und abgekippt. Wenn die Keller gefüllt waren, stellte man den großen Heißluftofen an und trocknete das Material.“  (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

 

 

 

An manchen Stellen kommen manchmal die noch heute unterm Weg vergrabenen Schienenprofile die in die Tore führen zum Vorschein.



17 Die Unterkunfts und Frühstückshalle

Von diesem - inzwischen modern renovierten Wohnhaus - habe ich leider kein Bild gemacht.

 

Die Unterkunfts- und Frühstückshalle

 

 

 

Die ehemalige Unterkunfts und Frühstückshalle besteht aus Hauptgebäude und Anbau. Das Gebäude war ursprünglich einstöckig. Es diente den Arbeitern als Umkleide-, Aufenthalts-, Frühstücks- bzw. Essraum. Es diente den ständig im Freien arbeitenden Steinbrucharbeitern auch als Unterkunft bei Regen und Unwetter.

 

Nach dem Krieg war das Gebäude viele Jahre Unterkunft für auswärtige Steinrichter, die aus Oberhessen angeheuert worden waren und unter der Woche hier kampierten. Der Beruf des Steinrichters war in der hiesigen Gegend ausgestorben. Es gab nur mehr wenig ältere Steinrichter, die dieses Handwerk erlernt hatten. Sie reichten nicht aus, um den damaligen Bedarf an Pflastersteinen zu produzieren.

 

Mitte der fünfziger Jahre wurde infolge der damaligen großen Wohnungsnot das Gebäude zu wohnzwecken umgebaut, aufgestockt und mit einem Treppenhaus versehen, für einen Steinrichter aus Oberhessen, der mit seiner Familie nach Dietesheim umgesiedelt war und im Pachtsteinbruch arbeitete.“  (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

 

 


18 Trafohaus

 Das Transformatorenhaus mit Magazin und angebauter Steinrichterhalle

 

 Das Transformatorenhaus wurde nach Maßgabe der „Direction des Eltektrizitätswerkes, der Überlandsanlage der Straßenbahn und des Hafens der Stadt Offenbach a. M.“ vom 06. Dezember 1920 errichtet. Es ist vom Magazin aus zugänglich. Der Fußboden des Gebäudes ist größtenteils gepflastert. Im Magazin lagerten Treibstoffe und Schmierstoffe sowie Steinbruchsgerät verschiedenster Art. Später wurden hier Gleise gestapelt, Weichen und Drehscheiben, Seile, Winden, Leitern und dergleichen.

 

Die angegliederte Holzhalle war eine Steinrichterhalle, in der die Steinrichter bei schlechtem Wetter ihre Arbeit verrichteten. Sie war zur Breitseite hin offen.“ (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

 



19 Aufzüge und Windenhäuser

Zu Schüsslersee und Betzensee führte je ein Schrägaufzug. Die Gleise liegen nicht mehr da - aber beide Winden sind noch vorhanden!

 

Die Aufzugshäuser

 

 Der linke Schrägaufzug führte in den Im Schüßler gelegenen Steinbruch. Der rechte Schrägaufzug führte in den Im Betzenseegewann gelegenen Steinbruch.

 

In den Aufzugshäusern, von denen aus jeweils ein Feldbahngleis in die nebeneinander liegenden Steinbrüche hinunter führte, befinden sich noch die schweren Betonsockel auf denen die Seilwinden und Elektromotoren  angebracht waren, die die leeren Rollwagen in den den Steinbruch hinunter ließen, um sie beladen wieder nach oben zu ziehen. Bretterwände mit Überdachung schützten die Aufzüge gegen Witterungseinflüsse.“ (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

 

 

Die Schrägaufzugtrasse zum Schüsslersee. Über die - inzwischen neu gebaute - Brücke vorne, führte früher ein Feldbahngleis über den Damm zwischen beiden Gruben und dann hinter den Betzensee (dort liegt es auch noch heute!).

Seilwinde und Windenhaus des Schüsslersee Aufzuges.

Schrägaufzugtrasse zum Betzensee. Beide Trassen treffen sich oben fast.

Winde des Betzensee Aufzuges.



20 Bürogebäude

Das ehemalige Bürogebäude

 

 

Das Gebäude diente bis zur Stilllegung der Steinbrüche 1935 als Büro. Danach wurde es zum Aufseherhaus, denn es lagerte noch bis in die achtziger Jahre beträchtliches Betriebsmaterial sowohl auf dem Steinbruchgelände als auch in den Hallen und Kellern. Das Gebäude ist äußerlich unverändert geblieben.

 

(In den siebziger Jahren war das Gebäude von einer Beseitigungsverfügung des Kreises Offenbach betroffen).“  (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)

 



21 Das Gleis am Betzensee

Wie oben erwähnt führte ein Feldbahngleis über eine Brücke über den Schüsslersee Aufzug und dann zum hinteren Bereich des Betzensees. Dort - zumindest im hinteren Bereich - liegt es noch heute.



22 Windenfundamente

Am noröstlichen Ufer des Schüsslersees befinden sich noch rätselhafte weitere (Winden?) Fundamente auf einem kleinen Hügel.

Oben aus den Fundamenten ragen noch die Stehbolzen heraus an denen die eigentliche Maschine (Winde?) festgeschraubt war. Diese Fundamente sind viel größer und massiver als die noch erhaltenenen Windenhäuser.



23 Bunker

Zu einem Steinbruch gehörten früher auch Bunker für den Sprengstoff. Zwei solche Bunker - wahrscheinlich unterschiedlichen Alters - befinden sich etwas abseits des Geländes. Ein Bunker besitzt zwei getrennte Kammern. In Dietesheim/Steinheim sind zwei oder drei weitere solcher Bunker bei anderen Steinbrüchen noch vorhanden.

 

Das Pulverhaus

 

 Das Pulverhaus wurde nach den damaligen Vorschriften des Gewerbeaufsichtsamts errichtet. Es besteht aus einem Vorplatz, zwei Kammern mit dicken Betonwänden und eisernen Türen. Von außen ist es von allen Seiten bunkerartig mit Erdreich angeschüttet, nur die Eingangstür lag frei. Im Pulverhaus wurden die verschiedenen Sprengstoffe aufbewahrt, die jeweils getrennt gelagert werden mussten. Man benötigte den Sprengstoff, um die massigen Felsen aus der Basaltwand zu lösen und auch, um die Felsen selbst wieder zu zerkleinern.

 

Zugang zum Pulverhaus hatte nur der Sprengmeister, der auch die Schlüssel aufbewahrte.“  (Führung Fr. Dr. Keiner, 2006)