"Landkarten Archäologie" am Beispiel der Förderbahn zwischen Gemeindebruch und Mainufer

Um alte Streckenverläufe zu rekonstruieren gibt es verschiedene Verfahren. Im Einfachsten Fall findet man zufällig Gleisreste, läuft diese ab und ermittelt anhand noch vorhandener topografischer Besonderheiten (Dämme, Geländeeinschnitte) den ehemaligen Trassenverlauf. Eine weitere interessante Methode ist es, alte Karten und moderne Karten übereinander zu projizieren. Man sieht häufig, dass aus alten Bahntrassen heute Wirtschaftswege oder Straßen wurden.

Zeichnet man die alte Karte (siehe "Lageplan") digital nach, erhält man eine transparente "Folie", die man dann digital über eine moderne Karte (z.B. OpenStreetMaps) projizieren kann.

Aufeinander projiziert sieht das Ganze dann so aus und liefert wertvolle Hinweise, wo im Gelände man nach Trassen und anderen Überresten suchen sollte. Man sieht z.B. auch, dass die Oberwaldsee Grube (oder Gemeindesteinbruch), zu der die Feldbahn vom Mainufer führte, im Laufe der Zeit nach Westen "gewandert" ist.


Der östliche Teil muss nach dem Abbau wieder verfüllt worden sein.



Auch der Bereich der Teufelskaute - etwa in Bildmitte - hat sich topografisch stark verändert. Das zeigt sich bei einer lokalen Begehung aber auch schon hier anhand des Zufahrtsweges, der heute eine weit weniger starke Ostkurve aufweist.


Der Main wurde nach 1978 im Zuge des Schleusen-Neubaus der Staustufe Kesselstadt verbreitert. Das zeigt die gestrichelte Linie - der alte Uferverlauf. In diesem Bereich stand auch bis ca. 1980 noch das Beton-Fundament des Sturzgerüstes, der Basalt-Verladeanlage für Mainschiffe, das dann im Zuge dieser Baumaßnahmen abgerissen wurde.


"Luftbildarchäologie"

Eine weitere Möglichkeit ist die Auswertung alter Luftbildaufnahmen. Diese Aufnahme zeigt den Gemeindebruch am 2.10.1960.


Bei ausreichender Auflösung und Qualität der Aufnahme lassen sich die Gleisanlagen als dünne Linien erkennen. Auch die darauf abgestellten Loren.


(M. Koch, Leipzig)


Von Herrn Koch wurde mithilfe der obigen Aufnahme diese Skizze durchgepaust.


Auch die Anzahl der Loren und die Lage der Gebäude konnte so ermittelt werden.

Nach Digitalisierung sieht die Skizze so aus - diese kann nun wie oben die historische Karte wieder digital über eine moderne Karte projiziert werden.

Das Endergebnis zeigt eine Projektion der alten Landkarte von 1943 sowie das Ergebnis der Luftbildauswertung der Aufnahme von 1960 auf eine moderne Karte.

 

Durch verschiedene Mess- und Projektionsfehler können auch eindeutig festzulegende Wege und Linien nicht zu 100% in Deckung gebracht werden.

 

Trotzdem lässt sich einiges aus dem Plan ablesen:

Der Bremsberg in die Grube ist im Laufe von etwa 20 Jahren mindestens zwei mal im Uhrzeigersinn verschwenkt worden:

 

1943 lag er noch in südost-Richtung.

Etwa um 1950 in Richtung der blau gestrichelten Linie (süd-südwest) und zuletzt, um 1960 in west-südwestlicher Richtung.

 

Die Grube wanderte in im gleichen Zeitraum ebenfalls von Osten nach Westen und hat sich dabei flächenmäßig vergrößert.

Die Grubengrenze von 1960 markiert die dünne blaue Linie am linken unteren Bildrand.

 

Etwa 3/4 der alten Grube von 1943 sind wieder - wahrscheinlich mit Aushub - verfüllt worden, so dass der alte Steinheimer Weg heute keinen Umweg mehr um die Grube mehr macht.

 

 Zuletzt kann der rekonstruierte Streckenverlauf noch in OpenRailroadMap - einem auf OpenStreetMaps basierenden Open Source Bahnstrecken Kartenwerk mit entsprechenden Werkzeugen eingetragen werden.


Die gestrichelte Linie drückt aus, dass die Bahn zwar abgebaut wurde, die Trasse jedoch heute noch erkennbar ist (als Waldweg und als Geländeeinschnitt, Kunstbauten wie Bahn- und Straßenunterführung sind noch vorhanden).


Nebengleise sowie vor allem Gleise in Gruben und Abbaugebieten, die häufig verlegt wurden, werden auf Karten nicht dargestellt.